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Pflegebegutachtung vom Medizinischen Dienst

evjen12

Aktualisiert: 12. Feb. 2023

Der Medizinische Dienst prüft den Pflegebedürftigen auf seine bestehende/nicht bestehenden Fähigkeit in der Häuslichen Umgebung und erstellt darauf basierend ein Pflegegutachten. Dieses Gutachten wir in 6 Modula aufgeteilt.

Modul 1: Mobilität


Dieses Modul umfasst zentrale Aspekte der Mobilität im Wohnbereich eines Menschen – sei es in der eigenen Wohnung oder im Heim. In diesem Modul geht es um die motorischen Fähigkeiten eines Menschen und nicht um die Frage, ob die Mobilität aufgrund von kognitiven Beeinträchtigungen eingeschränkt ist. Die Bewertung der Selbstständigkeit erfolgt anhand einer vierstufigen Skala mit den Ausprägungen „selbstständig“, „überwiegend selbstständig“, „überwiegend unselbstständig“ und „unselbstständig“. Die Abgrenzung der vier Ausprägungen der Selbstständigkeit soll anhand des Kriteriums „Treppensteigen“ erläutert werden: Das Treppensteigen ist in den Begutachtungs-Richtlinien als das „Überwinden von Treppen zwischen zwei Etagen“ definiert. Das Treppensteigen ist dabei unabhängig von der individuellen Wohnsituation zu bewerten. Selbstständig ist jemand, der ohne Hilfe durch eine andere Person eine Treppe in aufrechter Position steigen kann. Unselbstständig ist dagegen jemand, der getragen oder mit Hilfsmitteln transportiert werden muss und dabei keine Eigenbeteiligung zeigt. Überwiegend selbstständig ist eine Person, die eine Treppe alleine steigen kann, aber die wegen eines Sturzrisikos Begleitung benötigt. Wenn jemand überwiegend unselbstständig ist, dann ist das Treppensteigen nur mit Stützen oder Festhalten der Person möglich




Modul 2: Kognitive und kommunikative Fähigkeiten


Im Modul 2 geht es um grundlegende mentale Funktionen eines Menschen. Die Gutachterinnen und Gutachter schätzen nicht die Selbstständigkeit ein, sondern in welchem Ausmaß die jeweilige geistige Fähigkeit vorhanden ist („vorhanden/unbeeinträchtigt“, „größtenteils vorhanden“, „in geringem Maße vorhanden“ und „nicht vorhanden“). Das Gesamtergebnis in diesem Modul spiegelt das Ausmaß der Beeinträchtigung von Kommunikation und Kognition wider. Jeder Ausprägung ist ein Punktwert zugeordnet: Ist eine Fähigkeit unbeeinträchtigt, so entspricht das 0 Punkten, ist eine Fähigkeit gar nicht mehr vorhanden, so entspricht das der höchstmöglichen Wertung für von 3 Punkten.


Modul 3: Verhaltensweisen und psychische Problemlagen


In diesem Modul geht es um Verhaltensweisen und psychische Problemlagen als Folge von Gesundheitsproblemen, die immer wieder auftreten und personelle Unterstützung erforderlich machen. Zentral ist bei der Einschätzung die Frage, inwieweit die Person ihr Verhalten selbstständig steuern kann. Die Gutachterinnen und Gutachter erfassen, wie oft diese Verhaltensweisen personelle Unterstützung erforderlich machen. Ist die Unterstützung nie oder selten notwendig, so entspricht dies 0 Punkten – ist die Unterstützung dagegen täglich nötig, so werden 5 Punkte erreicht.



Modul 4: Selbstversorgung


Das Modul Selbstversorgung umfasst mit Ausnahme der hauswirtschaftlichen Tätigkeiten alle Verrichtungsbereiche, die im heute gültigen Begutachtungsinstrument von Relevanz sind. Hierzu gehören das Waschen, das An- und Auskleiden, die Ernährung (z. B. Trinken) und das Ausscheiden (z. B. Toilette/Toilettenstuhl benutzen). Die Gutachterin oder der Gutachter schätzt hier, wie auch im Modul Mobilität, die Selbstständigkeit ein. Bestimmte Kriterien werden wegen ihrer besonderen Bedeutung für die Bewältigung des Alltags besonders gewichtet werden. Wenn zum Beispiel jemand überwiegend unselbstständig beim Essen ist, werden 6 Einzelpunkte vergeben. Bewertet wird, ob der Versicherte die Aktivität praktisch durchführen kann. Es ist dabei unerheblich, ob die Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit aufgrund von Schädigungen somatischer oder mentaler Funktionen bestehen.




Modul 5: Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen


Hier geht es um die Selbstständigkeit eines Menschen bei der Bewältigung seiner Gesundheitsprobleme. Die Gutachterin oder der Gutachter bewertet, wie selbstständig jemand mit Therapien und anderen krankheitsbedingten Anforderungen umgehen kann. Für die Berechnung des Gesamtergebnisses gehen die einzelnen Maßnahmen je nach Komplexität und Aufwand unterschiedlich gewichtet ein.



Modul 6: Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte


Dieses Modul bildet Bereiche des Alltagslebens ab, die in der Vergangenheit zum größten Teil nicht berücksichtigt wurden. Bei der Gestaltung des Alltagslebens spielen sowohl mentale als auch motorische Fähigkeiten eine Rolle. Die Gutachterin oder der Gutachter stellt fest, ob der pflegebedürftige Mensch individuell und bewusst seinen Tagesablauf gestalten kann und ob er in der Lage ist, mit Menschen in seinem unmittelbaren Umfeld Kontakt aufzunehmen. Wie in den Modulen 1 und 4 erfolgt eine Bewertung der Selbstständigkeit anhand einer vierstufigen Skala mit den Ausprägungen „selbstständig“, statt; „überwiegend selbstständig“, statt; „überwiegend unselbstständig“ und „unselbstständig“.




Begutachtung Beispiel:


INGRID MÜLLER, 72 JAHRE

Frau Müller ist verwitwet. Sie lebt seit zwei Jahren alleine in ihrer Wohnung. Im Haus wohnen seit einigen Jahren ihre beiden Kinder, zu denen sie einen guten Kontakt pflegt. Der Allgemein- und Kräftezustand von Frau Müller ist altersentsprechend gut. Sie ist freundlich und zugewandt.

Allmählich macht sich eine beginnende Demenz bemerkbar. Sie versteht jedoch einfache Aussagen und Fragen.

Sie leidet zudem unter zunehmender Harninkontinenz und benötigt Windeln.

Darüber hinaus leidet sie unter chronischer Venenschwäche und benötigt drei Mal täglich Medikamente.

Da Frau Müller Hilfe beim Waschen und Anziehen benötigt – vor allem das Anziehen der Kompressionsstrümpfe fällt ihr sehr schwer – kommt morgens und abends der Pflegedienst.

Weitere Unterstützung erhält Frau Müller von ihrer Tochter: Sie versorgt sie mit den Mahlzeiten, hilft ihr im Haushalt und achtet darauf, dass sie mittags ihre Medikamente nimmt. Zwei Mal im Monat begleitet sie ihre Mutter zum Arzt. Nachdem die Tochter Leistungen aus der Pflegeversicherung beantragt hat, kommt ein Gutachter des MDK zur Begutachtung von Frau Müller. Die Tochter nimmt an der Begutachtung teil und schildert, bei welchen Dingen des Alltags ihre Mutter Hilfe benötigt und welche sie noch selbst erledigen kann. Frau Müller ist nicht in ihrer Motorik eingeschränkt. Sie kann gehen und Treppen steigen. Dabei hält sie sich am Geländer selbstständig fest. Ihre Feinmotorik ist intakt. Im 1. Modul Mobilität stellt der Gutachter daher keine Einschränkung fest. Im Gespräch erfährt der Gutachter, dass Frau Müller sehr vergesslich ist. Die Tochter schildert, dass ihre Mutter etwa zwei Mal in der Woche nachts unruhig ist und den Tag- und Nachtrhythmus durcheinanderbringt. Frau Müller geht dann in der Wohnung umher und sucht ihren verstorbenen Mann. Ihre Tochter muss sie dann beruhigen. Im Anschluss bewertet der Gutachter, wie selbstständig Frau Müller in der Selbstversorgung, also zum Beispiel beim Waschen und beim Toilettengang ist. Zudem wird festgestellt, wie selbstständig Frau Müller beim Essen und Trinken ist. Frau Müller kann die Körperpflege zwar überwiegend selbstständig ausführen, aber sie muss dazu aufgefordert werden. Ab und zu muss die Tochter auch mithelfen. Probleme bereitet auch die Harninkontinenz. Frau Müller benötigt zudem Unterstützung bei der Gabe von Medikamenten und bei Arztbesuchen. Frau Müller kann sich in der eigenen Wohnung gut orientieren, außerhalb fällt ihr dies jedoch schwer. In neuen Situationen findet sie sich nicht zurecht. Vertraute Personen erkennt sie jedoch. Gesamtbewertung Frau Müller hat keine Beeinträchtigungen in der Mobilität und erhält deshalb im 1. Modul keine Punkte. Im 2. Modul, in dem es um die Einschätzung der kognitiven und kommunikativen Fähigkeiten geht, erhält sie 11 Einzelpunkte; dies entspricht einem gewichteten Punktwert von 11,25 Punkten. 3. Modul Verhaltensweisen und psychische Problemlagen ergibt wegen der nächtlichen Unruhe 3 Einzelpunkte; dies entspricht einem gewichteten Punktwert von 7,5. Damit fließt Modul 2 mit dem höchsten gewichteten Punktwert in die Bewertung ein. Im 4. Modul Selbstversorgung erhält Frau Müller in der Summe 15 Einzelpunkte; das entspricht einem gewichteten Punktwert von 20 Punkten. Im 5. Modul besteht bei Frau Müller Hilfebedarf bei der Medikamentengabe, dem An- und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen und den Arztbesuchen. Daraus ergeben sich gewichtet 10 Punkte. Im 6. Modul Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte ergibt bei den Kriterien überwiegend selbstständig. Daraus entstehen 6 Einzelpunkte (gewichtet 7,5 Punkte).


Frau Müller erhält mit einem Gesamtwert von 48,75 gewichteten Punkten den Pflegegrad 3.





 
 
 

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